HL-LHC Pixeldetektorupgrade

Das LHC Programm wird bis Ende der 2020er-Jahre Vorreiter in der Hochenergiephysik sein. Bis dahin sind mehrere Ausbau- und Erweiterungstufen des Beschleunigers geplant, die den Kollisionsraten- und Energiebereich erweitern. Im Zuge dieser Erweiterungen werden die Spezifikationen vieler Komponenten des ATLAS Detektors überschritten werden. Insbesondere der Innendetektor wird durch die aus den erhöhten Ereignisraten und Spurdichten entstehenden stärkeren Strahlenschäden kontinuierlich an Messgenauigkeit verlieren.

Etwa im Jahr 2020, nachdem etwa 300 fb-1 integrierte Luminosität gesammelt sein wird, erreichen die Silizium- und Gas-Detektoren des Innendetektors das Ende ihrer Lebenszeit und müssen ersetzt werden. Durch diese Erneuerung soll eine ausreichende Messgenauigkeit für die weitere Laufzeit des LHC gewährleistet werden. Hierbei ist vorgesehen, einen rein auf Silizium basierten Innendetektor einzusetzen.

Verglichen mit den derzeitigen Detektoren, werden kostengünstige Pixelmodule mit minimalem Materialeinsatz, einem größeren aktiven Flächenanteil und einer höheren Granularität benötigt. Des Weiteren müssen die Module Strahlendosen bis zu 2x1016 neq/cm2 (1 MeV äquivalente Neutronen) standhalten können. Der Fokus der MPP-Gruppe liegt auf der Entwicklung eines neuen Pixelmodulkonzeptes für den Einsatz nach Abschluss aller Ausbaustufen zum so genannten HL-LHC.
  
Das Pixelmodulkonzept erfüllt die obigen Anforderungen. Es kommen fünf neue Technologien zum Einsatz: n-in-p Pixelsensoren, dünne Sensoren, schmale Randzonen sowohl mit als auch ohne implantierte Sensorschnittkanten, sowie eine 3D-Integration von Sensoren und Ausleseelektronik. Eine untersuchte Technologie der 3D-Integration setzt sich zusammen, aus einer neuen Verbindungstechnologie, genannt Solid-Liquid InterDiffusion (SLID), und Inter-Chip Vias (ICV). In den Abbildungen rechts sind das derzeit verwendete und das untersuchte Modulkonzept dargestellt.

n-in-p Pixel-Sensoren

Für n-in-p-Sensoren wird ein p-dotiertes Substrat an Stelle des bisher verwendeten n-dotierten Substrates benutzt. Da die Verarmung der Raumladungszone der pn-Übergänge nun auf der Vorderseite beginnt, kann die zur kontrollierten Modellierung des elektrischen Feldes verwendete Guard-Ring Struktur auf die Vorderseite gebracht werden.

Dies hat den Vorteil, dass die Rückseite der Sensoren nicht mehr strukturiert prozessiert werden muss; das spart teure Masken und die relative Ausrichtung der Vorder- und Rückseite. Folglich sind n-in-p Sensoren kostengünstiger zu produzieren. Ihre Eigenschaften vor und nach Bestrahlung werden mit verschiedensten experimentellen Methoden, wie beispielsweise Teilchenstrahlen bekannter Energie und Sorte, radioaktiven Quellen und Lasern im Infrarotbereich erforscht und mit Ergebnissen der derzeit verwendeten n-in-n-Sensoren verglichen.
 

Dünne Sensoren

Die verringerte Sensordicke reduziert die Vielfachstreuung im Sensor und führt nach Bestrahlung zu höheren Ladungssammlungseffizienzen bei gleicher Verarmungsspannung. Die Sensoren werden entweder in der Industrie oder im Halbleiterlabor der MPG gefertigt. Ein am Halbleiterlabor der MPG entwickelter Prozess ermöglicht die Sensordicke auf bis zu 50 Mikrometer zu reduzieren, also auf etwa ein Fünftel verglichen mit aktuell verwendeten Sensoren. Die Eigenschaften der dünnen Sensoren werden mit den bereits oben gesprochen Techniken erforscht und auf ihre Tauglichkeit für Hochenergieexperimente untersucht.

Schmale Randzonen

Um eine bessere Ortsauflösung zu erreichen, werden die Pixelmodule immer näher an die Wechselwirkunszone der Protonstrahlen gebracht. Da dadurch kein Überlapp der Module entlang der Strahlachse mehr möglich ist, muss die aktive Fläche der Pixelmodule maximal sein. Dies kann zum einen durch ein verändertes Design der Guard-Ring Struktur erreicht werden, zum anderen durch Implantieren der Sensorschnittkanten.

Unter Ausnutzung aktivierter Kannten in Kombination mit einem optimierten Design der Guard-Ring Struktur wurde der inaktive Randbereich von 1,1 mm auf 50 Mikrometer verkleinert. In Testrahlmessungen wird erforscht wie sich dieser veränderte Randbereich auf die Eigenschaften des Sensors auswirkt.

Solid Liquid InterDiffusion (SLID)

Im Gegensatz zu dem üblicherweise verwendeten Bump-Bonding Prozess wurde der sogenannte „Solid-Liquid InterDiffusion“ (SLID) Prozess genutzt, um Sensoren und Ausleseelektronik zu verbinden. Dieser Prozess wurde an der Fraunhofer Einrichtung für Modulare Festkörper-Technologien entwickelt und bietet geringere Strukturgrößen und einen potentiell niedrigeren Preis im Vergleich zum konventionellen Bump-Bonding.

Da die zur Verbindung benötigte Temperatur niedriger ist als der Schmelzpunkt der entstehenden eutektischen Legierung, ist es möglich mehrere spezialisierte Chiplagen mit einem Sensor zu verbinden. Dank des reduzierten Flächenbedarfs der Auslese verbessert sich der aktive Flächenanteil dieser Pixelmodule weiter. Besonders attraktiv ist dies in Kombination mit Inter-Chip-Vias.

Inter-Chip Vias (ICV)

Inter-Chip Vias (ICV), auch Through-Silicon Vias genannt, erlauben den Signaltransport durch den Auslesechip anstatt die Signale an den Rand des Auslesechips zu transportieren, und dort auf der Sensorseite auszulesen (wie in der aktuell genutzten Konfiguration in obiger Abbildung). Daraus resultiert ein wesentlich kompakteres Moduldesign, insbesondere in Kombination mit schmalen Randzonen auf der Sensorseite. Zudem ist es möglich eine vertikale Integration von analoger und digitaler Ausleseelektronik durchzuführen, wobei jede Komponente separat optimiert werden kann.