Transport einer Myonkammer zum Installationsort (Foto: H. Kroha/MPP)

Transport einer Myonkammer zum Installationsort (Foto: H. Kroha/MPP)

Millimeterarbeit: Einbau einer Myonkammer (Foto: H: Kroha/MPP)

Millimeterarbeit: Einbau einer Myonkammer in das ATLAS-Experiment (Foto: H. Kroha/MPP)

Einbau neuer Myondetektoren in das ATLAS-Experiment

Seit Januar 2019 ruht der Betrieb des Teilchenbeschleunigers Large Hadron Collider (LHC). Wobei „ruhen“ es nicht ganz trifft: Denn während des planungsmäßigen Shut-downs bis Anfang 2022 wird intensiv an technischen Verbesserungen gearbeitet – so auch am ATLAS-Experiment. Das Max-Planck-Institut für Physik leistet einen wichtigen Beitrag für die Modernisierung des Myon-Spektrometers im ATLAS-Detektor. Um künftige Messungen zu optimieren, haben die Wissenschaftler*innen am Institut neuartige Myonkammern entwickelt. Acht dieser neuen Detektoren werden jetzt im Experiment installiert.

Mit dem ATLAS-Experiment am LHC suchen Physiker*innen nach seltenen Teilchenzerfällen, die bei der Kollision von Protonen auftreten könnten. Diese lassen sich allerdings nur indirekt nachweisen. Myonen, die schwereren Verwandten der Elektronen, spielen dabei eine wichtige Rolle: Wenn sich eine bestimmte Anzahl von Myonen mit einer definierten Energie zeigt, lassen sich Rückschlüsse auf die vorher stattgefundenen Zerfälle und die Existenz neuer Teilchen ziehen. Auf dieser Grundlage wurde im Jahr 2012 das Higgs-Boson entdeckt.

Um ihre Ergebnisse statistisch abzusichern, messen und analysieren die Wissenschaftler*innen Millionen von Teilchenspuren – Tag für Tag. Je mehr Teilchenkollisionen sie auswerten können, um so größer die Chance, auf neue Erkenntnisse zu stoßen. Daher wird der LHC-Beschleuniger auf noch höhere Leistungen getrimmt: Ab 2024 steht ein großer Umbau zum High Luminosity (HL)-LHC an.

Myonkammern für die Turboversion

„In dieser Turboversion werden fünf Mal mehr Protonenpakete zur Kollision gebracht als heute – mit der Konsequenz, dass auch das ATLAS-Myonsystem nachgerüstet werden muss“, sagt Hubert Kroha, Leiter der Gruppe „Myonspektrometer“ am MPP. Daher haben Wissenschaftler*innen am MPI für Physik in den vergangenen Jahren einen neuen, schnelleren Myonkammer-Typ entwickelt.

„Die Instrumente der neuen Generation lesen Myon-Signale innerhalb von nur 200 Nanosekunden aus, das heißt, vier Mal so schnell wie die Vorgängermodelle“, erklärt Hubert Kroha. „So können sie in der gleichen Zeit wesentlich mehr Ereignisse verarbeiten. Zudem verbessert sich auch die räumliche Auflösung und damit die Messgenauigkeit der Myon-Impulse.“

Derzeit installieren Ingenieure und Wissenschaftler acht dieser modernen Kammern im ATLAS-Detektor. Deren höhere Leistungsfähigkeit kommt somit bereits in der kommenden Messphase (3. Run von 2022 bis 2023) zum Tragen. Insgesamt werden in den nächsten Jahren 100 dieser Kammern am MPP und an Universitäten in den USA gebaut und während des nächsten langen Shutdowns (2024 bis 2027) in ATLAS integriert.

„In diesem Zug ersetzen die Wissenschaftler*innen auch die Elektronik aller bestehenden Myonkammern durch neue, leistungsfähigere Komponenten“, so Hubert Kroha. „Die erste Kammer mit neuer Elektronik aus der ‚MPP-Schmiede‘ wurde gerade eben fertiggestellt.“