Die Aufnahme zeigt einen Kandidaten für die Produktion eines Higgs-Bosons, das in zwei B-Quarks zerfällt. Dabei entstehen auch ein W-Boson, das in ein Myon (rot) zerfällt sowie ein Neutrino.

Die Aufnahme zeigt einen Kandidaten für die Produktion eines Higgs-Bosons, das in zwei B-Quarks zerfällt. Dabei entstehen auch ein W-Boson, das in ein Myon (rot) zerfällt sowie ein Neutrino. (Bild: ATLAS/CERN)

Und es gibt ihn doch: ATLAS beobachtet den Zerfall von Higgs-Boson in zwei Bottom-Quarks

Das ATLAS-Experiment am Large Hadron Collider (LHC) hat den Zerfall des Higgs-Bosons in ein Paar aus Bottom- (B-) Quarks beobachtet. Der Theorie nach zerfallen Higgs-Bosonen hauptsächlich – mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent – in ein Paar von B-Quarks. Dennoch dauerte es sieben lange Jahre, bis Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Zerfall nachweisen konnten.

Bei dem Nachweis handelt es sich um eine der anspruchsvollsten Analysen, die je mit dem ATLAS-Detektor durchgeführt wurde. Den Grund dafür nennt Siegfried Bethke, Direktor am Max-Planck-Institut für Physik und ehemaliger Vorsitzender des ATLAS Collaboration Boards: „Im LHC werden Protonen bei sehr hohen Energien zur Kollision gebracht. Diese Zusammenstöße produzieren massenhaft B-Quarks. Es ist eine große Herausforderung, aus diesem Meer von B-Quarks diejenigen herauszufischen, die aus den Higgs-Zerfällen stammen – noch schlimmer als die berühmte Nadel im Heuhaufen!“

Die Analyseteams konzentrierten sich daher auf bestimmte Signaturen, allen voran die Produktion eines Higgs-Bosons in Verbindung mit einem W- oder Z-Boson, den schweren Partnern des Photons, die zusammen die elektroschwache Kraft zwischen den Urbausteinen der Materie vermitteln. Damit ließ sich ein besonders klares Signal erzielen – eine Herangehensweise, die sich als sehr erfolgreich erwies.

„Wir freuen uns, dass es uns gelungen ist, diesen wichtigen und schwer beobachtbaren Higgs-Boson-Zerfall nachzuweisen“, sagt ATLAS-Sprecher Karl Jakobs. „Das Ergebnis bestätigt zum einen das Standardmodell der Teilchenphysik, zum anderen bedeutet es einen großen Erfolg für unsere Analyseteams. Noch während der Planung des LHC gab es Zweifel, ob dieser Nachweis überhaupt möglich wäre. Dieses großartige Resultat verdanken wir der Leistung des LHC und des ATLAS-Detektors in Kombination mit intelligenten Analysetechniken, mit denen die enormen Datenmengen analysiert werden konnten.“

Bereits am 9. Juli 2018 hat die ATLAS-Kollaboration auf der ICHEP in Seoul (2018 International Conference on High-Energy Physics) vorläufige Daten vorgestellt. In einem gemeinsamen Seminar mit dem CMS-Forschungsverbund präsentierte ATLAS heute Vormittag Ergebnisse, die zur Veröffentlichung im Fachjournal Physics Letters B eingereicht wurden.

Die Resultate wurden mithilfe von Technologien für maschinelles Lernen und neuartigen Analysemethoden gewonnen. Damit erreichten die Forscher eine Signifikanz von 5,4 Standardabweichungen. Bei Werten von mehr als 5 Standardabweichungen sprechen Wissenschaftler von einer Entdeckung bzw. dem Nachweis einer Hypothese.

Diese Erkenntnisse sind ein weiterer Meilenstein in der Erforschung des Higgs-Bosons. Sie erweitern die erst <link aktuelles meldungen detail wissenschaftler-beobachten-kopplung-des-higgs-bosons-an-top-quarks external-link-new-window internen link im aktuellen>kürzlich berichteten Ergebnisse zu Produktions- und Zerfallsmechanismen dieses elementaren Teilchens. ATLAS ist in der Lage, die Eigenschaften dieses Teilchens nicht nur zu beobachten, sondern auch präzise zu vermessen. „Wir haben jetzt die Möglichkeit, das Higgs-Boson detailliert zu untersuchen und damit das Standardmodell der Teilchenphysik auf den Prüfstand zu stellen“, so Karl Jakobs abschließend.

Kontakt:
Prof. Dr. Siegfried Bethke
Max-Planck-Institut für Physik
+49 89 32354-381