3D-Konstruktionszeichnung von COSINUS im Gran-Sasso-Untergrundlabor (LNGS) (Bild: L. Giaffoni/U. di Sabatini/R. Stadler)  3D-Konstruktionszeichnung von COSINUS im Gran-Sasso-Untergrundlabor (LNGS) (Bild: L. Giaffoni/U. di Sabatini/R. Stadler)

3D-Konstruktionszeichnung von COSINUS im Gran-Sasso-Untergrundlabor (LNGS) (Bild: L. Giaffoni/U. di Sabatini/R. Stadler)

Ein neues Dunkle Materie-Experiment: Suche nach einem einsamen Signal

Bisher blieb es allen Experimenten verwehrt, die rätselhafte Dunkle Materie nachzuweisen. Mit einer Ausnahme: Einzig das DAMA-Experiment liefert seit mehr als 20 Jahren zuverlässig Signale. Doch um Entdeckung im wissenschaftlichen Sinn zu sprechen, müsste sich dieses Lebenszeichen von Dunkler Materie auch in anderen Versuchen zeigen. Ein neuer, kreativer Ansatz soll jetzt Klarheit bringen: Kürzlich hat das COSINUS-Experiment die Zusage vom Gran-Sasso-Labor erhalten. Der Aufbau kann beginnen.

Die Ergebnisse aus dem DAMA-Experiment sind in der Tat aufsehenerregend. Denn sie entsprechen genau den Erwartungen der Physik: „Dunkle Materie umgibt das Zentrum unserer Galaxie wie eine Wolke“, sagt Karoline Schäffner, Leiterin der COSINUS-Gruppe am Max-Planck-Institut für Physik (MPP). „Da unser Sonnensystem um diesen Mittelpunkt kreist und die Erde um die Sonne, sollte der Beschuss durch Dunkle-Materie-Teilchen über das Jahr hinweg schwanken – mit einem Höhepunkt im Juni.“

Indizien, aber kein Beweis

Exakt diese Variation hat DAMA beobachtet. Andere Experimente konnten das Resultat bisher nicht bestätigen. Mit COSINUS startet ein Forschungsteam jetzt einen neuen Anlauf. Die Idee stammt von Karoline Schäffner und Florian Reindl vom Institut für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (HEPHY) und der TU in Wien, der das Projekt als Sprecher leitet: „Wie DAMA werden wir Detektoren aus Natriumiodid einsetzen – diese aber mit einem zweiten Nachweiskanal kombinieren.“

Der Ansatz von COSINUS ist, Kristalle aus Natriumiodid bei extrem tiefen Temperaturen zu betreiben. Ein Dunkle-Materie-Teilchen würde beim Aufprall auf den Detektor zwei Spuren hinterlassen: einen kurzen Lichtblitz und eine winzige Temperaturerhöhung, die sich mit einem speziellen Thermometer messen lässt.

Bringt der Methoden-Mix Klarheit?

„Anhand der Kombination von Temperatur- und Lichtmessung können wir Dunkle Materie eindeutig von anderen Teilchen unterscheiden“, so Schäffner. „Der Temperatursensor ist einzigartig und bestens erprobt: Kolleg*innen am MPP haben ihn ursprünglich für das Dunkle-Materie-Experiment CRESST entworfen. Inzwischen wird er für beide Experimente dort gefertigt.“

Von 2016 bis 2019 entwickelte und testete die Gruppe um Schäffner und Reindl kryogene Natriumiodid-Detektoren. Dabei wiesen sie nach, dass sich das Material für den Einsatz bei Tiefsttemperaturen knapp über dem absoluten Nullpunkt (-273 Grad Celsius) eignet, was bisher keinem anderen Team gelungen war.

Das Experiment im Berg

Ende Dezember 2020 hat COSINUS grünes Licht von der wissenschaftlichen Leitung der Laboratori Nazionali del Gran Sasso (LNGS) erhalten. Das Labor befindet sich in einem verzweigten Tunnelsystem im Gran Sasso, 1.500 Meter tief unter dem Berg. Dort ist es vor kosmischer Strahlung geschützt, die die empfindlichen Messungen beeinträchtigen würde.

Ab Mitte März 2021 beginnt der Aufbau des Experiments, 2022 starten die ersten Messungen. Ergebnisse erwarten die Wissenschaftler*innen im Jahr 2023. COSINUS besteht aus einem Wassertank von sieben Metern Höhe und Durchmesser. Er schützt die Detektoren, die sich im Inneren des Tanks befinden, vor natürlicher Radioaktivität. Oberhalb dieses Aufbaus wird ein Reinraum eingerichtet, in dem die Detektoren vorbereitet und ins Experiment eingebaut werden.

Die technische Planung liegt in den Händen der Konstruktionsabteilung des MPP. Unterstützung erhält dieses Team von weiteren Ingenieuren und dem LNGS. Die Anschubfinanzierung für das Projekt leistete das Istituto Nazionale di Fisica Nucleare (INFN). 2019 sicherte sich COSINUS eine 3-Millionen-Euro-Förderung seitens der Max-Planck-Gesellschaft. Neben dem MPP, HEPHY und TU Wien sind das INFN (Italien) und das Helsinki Institute of Physics (Finnland) beteiligt. Die Detektorkristalle werden am Shanghai Institute of Ceramics (SICCAS, China) produziert.