Eine kleine Geschichte der modernen Physik

In den fast 100 Jahren seines Bestehens wurde das weltweite Ansehen des Max-Planck-Instituts für Physik (Werner-Heisenberg-Institut) durch herausragende Forschungsergebnisse geprägt. Kaum ein anderes Institut in Deutschland war Arbeitsstätte so vieler berühmter Wissenschaftler. In seiner Geschichte stand das Institut immer im Zentrum der modernen Forschung, nicht zuletzt weil die wesentlichen Begründer des Weltbilds der modernen Physik hier arbeiteten.

Gegründet wurde das heute in München beheimatete Max-Planck-Institut 1917 in Berlin als Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik. Erster Direktor war Albert Einstein. Er leitete das Institut bis zu seiner Emigration in die USA 1933.

Einstein und sein Mentor Max Planck hatten zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine neue Epoche der Physik eingeleitet. Für die seine Arbeiten zur Quantenphysik erhielt Max Planck den Physik-Nobelpreis im Jahr 1918. Albert Einstein wurde für seine Relativitätstheorie im Jahr 1921 mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft bei ihrer Wiedergründung nach Max Planck benannt.

1922 wurde Max von Laue, ebenfalls Physik-Nobelpreisträger (1914), Vizedirektor des Instituts. Der holländische Physiker und Chemie-Nobelpreisträger von 1936, Peter Debye, leitete nach dem Weggang Einsteins das Institut. Bereits 1938, also zehn Jahre vor der Gründung der Max-Planck-Gesellschaft, erhielt das Institut den Zusatznamen „Max-Planck-Institut“. Eine Vereinbarung zwischen der amerikanischen Rockefeller-Stiftung und dem dritten Reich ermöglichte die Finanzierung des Institutsbaus in Berlin.

Der zweite Weltkrieg

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs begannen die deutschen Militärbehörden 1939, ein geheimes Uran-Projekt am Berliner Institut einzurichten. Bei Kriegsende stand es kurz davor, den ersten Kernreaktor in einen kritischen Zustand zu bringen. Da die Physiker die Zeitvorgaben des Rüstungsministers nicht erfüllen konnten, wurde das Uran-Projekt 1942 in zivile Verwaltung zurückgegeben.

Im Juli desselben Jahres wurde auch Werner Heisenberg als Direktor an das Berliner Institut berufen. Heisenberg hatte kaum weniger Einfluss auf die Entwicklung der modernen Physik als seine berühmten Vorgänger Planck und Einstein. Er gilt als einer der Väter der Quantenmechanik – der Theorie, die das Verhalten der Moleküle, Atome, Atomkerne und der Elementarteilchen beschreibt. Dafür hatte er 1933 den Physik-Nobelpreis für das Jahr 1932 erhalten.

Bereits 1946, also kurz nach Kriegsende, bekamen die deutschen Physiker von der britischen Besatzungsbehörde die Erlaubnis, ihr Institut unter dem Namen Max-Planck-Institut für Physik wieder zu eröffnen – aber nicht in Berlin, sondern im Physikzentrum der Jahre vor 1933, in Göttingen. Direktor war erneut Werner Heisenberg, der das Institut zunächst gemeinsam mit dem Vizedirektor Max von Laue sowie alten und neuen Mitarbeitern ausbaute.

Das MPP in München

1958 zog das Institut als Max-Planck-Institut für Physik und Astrophysik unter den Direktoren Heisenberg und Biermann nach München um. Der bekannte Architekt Sep Ruf hatte den Institutsneubau in München-Freimann entworfen. Während Heisenbergs Zeit als Direktor kam es 1960 auch zur Gründung des Instituts für Plasmaphysik in Garching.

Mit diesem Schritt trug die wissenschaftliche Leitung um Heisenberg dem steigenden Bedarf nach neuen Energiequellen in Deutschland Rechnung. Heute gilt das seit 1971 eigenständige MPI für Plasmaphysik als eines der führenden Forschungszentren weltweit zur Entwicklung eines Fusionsreaktors. Nach dem Tod Heisenbergs im Jahr 1976 erhielt das Max-Planck-Institut für Physik zu seinen Ehren den Beinamen „Werner-Heisenberg-Institut“.

Unter Leitung von Ludwig Biermann war 1947 in Göttingen eine astrophysikalische Abteilung gegründet worden. Biermann entdeckte unter anderem den Sonnenwind, eine Partikelströmung von der Sonne, die sich auf der Erde durch Polarlichter und Funkstörungen bemerkbar macht. Er wurde vor allem durch die Raumfahrt zu einer in der Öffentlichkeit bekannten Persönlichkeit. Aus der astrophysikalischen Abteilung Biermanns ist im Laufe der Geschichte das heutige Max-Planck-Institut für Astrophysik geworden. 1963 entstand in Garching das Teilinstitut für Extraterrestrische Physik.

Namhafte Physiker prägen die Institutsgeschichte

Unter den prominenten Forschern, die am Max-Planck-Institut für Physik arbeiteten, war auch der Physiker und Philosoph Carl Friedrich von Weizsäcker. Als Heisenbergs „Schüler“ und als Wissenschaftler leistete er wichtige Beiträge zur Kernphysik, zur Energieerzeugung durch Kernfusion in Sternen und zur Theorie der Planetenentstehung.

Als Philosoph rückte er die Bedeutung der modernen Naturwissenschaften und die Konsequenzen der Atomphysik für das Weltbild des Menschen in den Blickpunkt. Sein Wirken führte 1970 zur Gründung eines Max-Planck-Instituts zur Erforschung der Lebensbedingungen in der wissenschaftlichen und technischen Welt. Mit der Emeritierung des Direktors wurde dieses Teilinstitut 1980 wieder geschlossen.

Die Nachfolge Heisenbergs als Institutsleiter übernahm sein enger Mitarbeiter Hans-Peter Dürr bis Ende 1971. Er gilt weit über die deutschen Grenzen hinaus als ein Vorreiter der Friedens- und Umweltbewegung. Schon früh erregte er durch seine Stellungnahmen zur Kernenergie und zu Abrüstungsfragen breites Aufsehen. 1987 wurde er für sein Engagement mit dem alternativen Nobelpreis des schwedischen Philanthropen Jakob von Uexküll ausgezeichnet.

Ausgliederungen und Neugründungen

1987 wurde das MPI für Quantenoptik in Garching gegründet. Damit begann ein Zeitabschnitt, der von einigen Ausgliederungen und Neugründungen geprägt war. So wurden 1991 sowohl die Teilinstitute für Astrophysik und für Extraterrestrische Physik zu eigenständigen Instituten. Die Leitung des Max-Planck-Instituts für Extraterrestrische Physik übernahm Reimar Lüst, der spätere Präsident der Max-Planck-Gesellschaft.

1992 richteten die beiden Max-Planck-Institute für Physik und Extraterrestrische Physik ein gemeinsames Halbleiterlabor ein. Das heutige Max Planck Halbleiterlabor entwickelt Detektoren für die Teilchenphysik und Astronomie. Seit 1993 existiert darüber hinaus ein weiteres „Enkelinstitut“ des MPI für Physik: das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam.

Der 1990 an das Max-Planck-Institut für Physik berufene Julius Wess gehörte sicher zu den herausragendsten Forschern der letzten 50 Jahre. Mit der Begründung der Supersymmetrie schuf er ein bahnbrechendes Modell für die Elementarteilchenphysik, das ganze Forschergenerationen beschäftigt hat. 1992 erhielt Wess für seine Forschungsleistungen die Wigner-Medaille. Heute suchen die Experimente am internationalen CERN-Teilchenbeschleuniger LHC nach supersymmetrischen Teilchen, wie sie Wess und sein Kollege und Freund Bruno Zumino in ihrer Theorie vorhergesagt haben.

Die Exzellenzinitiative

Zur Förderung der Spitzenforschung in Deutschland hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) zusammen mit dem Wissenschaftsrat im Jahr 2005 die Exzellenzinitiative ins Leben gerufen. In diesem Rahmen beteiligte sich das MPI für Physik am DFG-geförderten Exzellenzcluster „Ursprung und Struktur des Universums“, das 2006 an der Technischen Universität München gegründet wurde. Heute ist das MPP im Nachfolgeprojekt ORIGINS aktiv.

In diesem Projekt suchen etwa 200 Physikerinnen und Physiker verschiedener Fachrichtungen nach Antworten, wie das Universum entstanden ist. Damit unterstreicht das MPP sein Bemühen, aktuellen und relevanten Fragen der Physik in interdisziplinären Projekten nachzugehen, was der herausragenden Bedeutung des Instituts in der deutschen Forschungslandschaft entspricht. Die Förderung des Clusters wurde im November 2012 um weitere fünf Jahre verlängert.

Entdeckung des Higgs-Teilchens

Im Juli 2012 gaben Physiker am CERN die Entdeckung eines neuen Teilchens bekannt. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei dem gefundenen Teilchen um den letzten Baustein des Standardmodells der Teilchenphysik: das Higgs-Boson, das für die Masse aller Teilchen verantwortlich sein soll. An der Entdeckung des Teilchens waren Forscher des Max-Planck-Instituts für Physik unter der Leitung des Direktors Siegfried Bethke mit dem ATLAS-Experiment maßgeblich beteiligt.