Die Entwicklung eines Protonenpakets im Plasma lässt sich jetzt exakt steuern.  Zwischen dem oberen und dem unteren Bild ist eine Phasenverschiebung zu erkennen, die davon abhängt, wann das Start-Elektronenbündel in das Plasma eingespeist wird. (Bild: AWAKE)

Die Entwicklung eines Protonenpakets im Plasma lässt sich jetzt exakt steuern. Zwischen dem oberen und dem unteren Bild ist eine Phasenverschiebung zu erkennen, die davon abhängt, wann das Start-Elektronenbündel in das Plasma eingespeist wird. (Bild: AWAKE)

Plasmawelle unter Kontrolle

Die innovative AWAKE-Technologie basiert auf einer Plasmawelle, auf der Elektronen „wellenreiten“ und beschleunigt werden, um dann mit anderen Teilchen zu kollidieren. Eine Studie hat jetzt gezeigt, wie sich die Surfwellen exakt steuern lassen – eine wesentliche Voraussetzung, damit sich AWAKE eines Tages für Teilchenphysik-Experimente einsetzen lässt. Die Arbeit ist im Fachjournal Physical Review Letters erschienen.

Die Welle in AWAKE (Advanced WAKefield Experiment) wird von einem Protonstrahl in einem Plasma erzeugt. Der Protonenstrahl stammt aus einem der Vorbeschleuniger des LHC (Large Hadron Collider). Im „Kielwasser“ der Protonen baut sich eine erste Welle auf, die sich allerdings noch nicht für die Beschleunigen von Elektronen eignet. Erst wenn sich der anfängliche Protonenstrahl in kleinere Abschnitte zerteilt, entsteht eine surfbare Welle.

Auf den richtigen Zeitpunkt kommt es an

Praktischerweise splittet sich der Protonenstrahl im Plasma selbst in millimeterkurze Pakete auf. Verantwortlich für diesen Selbstmodulation genannten Vorgang sind eine spontan auftretende Instabilität im Plasma. Allerdings reichen die durch Selbstmodulation erzeugten Wellen allein nicht aus, um Elektronen zu beschleunigen: Entscheidend ist, wann und wo die Surfwelle entsteht – ein Vorgang, den die Forschenden aktiv steuern müssen.

Warum, erklärt Patric Muggli, der die AWAKE-Gruppe am Max-Planck-Institut für Physik (MPP) leitet: „Ziel von AWAKE ist es, Elektronen auf hohe Energien zu beschleunigen. Die Elektronen sollten daher möglichst viel Energie aus dem Plasmafeld mitnehmen. Dafür müssen sie im richtigen Moment auf die Welle springen – genauso wie ein Surfer beim Wellenreiten.“

Elektronen voraus

Bereits im vergangenen Jahr gelang es den Forschenden, den Beginn der Selbstmodulation zu definieren. Jetzt konnten sie das Verfahren verbessern und den Beginn der Selbstmodulation auf Sekundenbruchteile genau takten. „Der Trick: Wir schicken zuerst ein kleines Paket aus Elektronen in das Plasma,“ erklärt Livio Verra, Forscher am MPP/CERN und Erst-Autor der Studie. „Danach folgt der lange Protonenstrahl, der sich dann zu einem bestimmten Zeitpunkt und kontrolliert in kurze Protonenbündel zerlegen lässt.“

Dem Forschungsteam gelang es außerdem, weitere Eigenschaften des Plasmafeldes zu kontrollieren, die sich auf die Qualität der Selbstmodulation auswirken. „Wir fanden heraus, dass wir Vorgänge im Kielfeld direkt beeinflussen können: Die Geschwindigkeit, mit der sich die erste Welle aufbaut – und ihre Höhe, also ihre Amplitude“, erläutert Verra. Die Stellschrauben sind die Ladungen der Teilchenstrahlen: Die Ladung des Elektronenstrahls bestimmt die Amplitude der Primärwelle; die Ladung des Protonenstrahls definiert, wie schnell sie wächst.

Je besser man die physikalischen Prozesse im Kielfeld, also der ersten Welle, in den Griff bekommt, umso effektiver lässt sich die Selbstmodulation steuern. „Damit können wir letztendlich auch die eigentliche Surfwelle modellieren“, sagt Muggli. „Dies ist ein weiterer, entscheidender Schritt, AWAKE als Beschleunigertechnologie der Zukunft zu realisieren.“